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Mittwoch, 19. Dezember 2007

Zuma kommt, die Probleme wachsen

Von Thilo Thielke, Nairobi

Jacob Zuma löst Thabo Mbeki als ANC-Präsident ab - und ist damit so gut wie sicher nächstes Staatsoberhaupt Südafrikas. Der Linkspopulist wird gefeiert in den Townships und ist gefürchtet bei den Weißen und dem schwarzen Establishment. Ein klares Programm hat er nicht.

Fast wäre der Parteitag des African National Congress (ANC) vollends im Tumult geendet. Wann immer Südafrikas Präsident Thabo Mbeki und seine Entourage in den vergangenen Tagen in Polokwane das Wort ergriffen, buhten, trampelten, johlten und pfiffen die Anhänger des Herausforderers Jacob Zuma und stimmten krawalltrunken dessen Lieblingslied "Bring mir mein Maschinengewehr" an.

Spätestens, als Mbekis rhetorische Frage, was den ANC in diesen stürmischen Tagen teile, aus dem Publikum mit einem in den Saal gegrölten "Du!" beantwortet wurde, war klar: Die Tage Thabo Mbekis sind gezählt. Mbekis Frage, wie man die neuen Herausforderungen angehen solle, wurde übrigens so beantwortet: mit der Aufforderung, endlich als Präsident zurückzutreten.

Am Ende des mehrtägigen Spektakels in der Steppe Transvaals stand ein klarer Sieg Zumas - er erhielt 2329 Stimmen, Mbeki nur 1505. Damit machten die Delegierten Zuma, der sich selber gerne "Zuluboy", nennt zum neuen ANC-Präsidenten und damit ziemlich sicher zum kommenden Präsidenten Südafrikas: Bisher waren die ANC-Führer – zunächst Mandela, dann Mbeki – immer auch Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen. Die wiederum pflegt der ANC im Land am Kap haushoch zu gewinnen. 2009 wird wieder gewählt, Mbeki darf dann nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten.

Sein politisches Ende allerdings hatte sich schon seit langem angekündigt. Erst kürzlich votierten auf einem ANC-Provinzparteitag fünf von neun Regionalverbänden für den Linkspopulisten Zuma. Der Gewerkschaftsdachverband Cosatu stand hinter ihm, die Kommunistische Partei, der Jugendverband, sogar die Frauenliga – obwohl Zuma erst im vergangenen Jahr wegen Vergewaltigung angeklagt worden war.

Es muss mit dem Realitätsverlust der Mächtigen zu tun haben, dass Mbeki nicht sah, was sich da gegen ihn zusammengebraut hatte. Andernfalls hätte er sich die Demütigung erspart, und einem vielleicht aussichtsreicheren Herausforderer die Chance im Kampf gegen Zuma gelassen. Diese Chance ist vertan. Gut möglich, dass der Kleinkrieg von Polokwane nun die bereits lange erwartete Spaltung des ANC einleitet: Noch vollbringt die Partei das Kunststück, Kommunisten wie Wirtschaftsliberale zu beherbergen.

Für Südafrika aber kann der ungebildete Zuma, ein ehemaliger Viehhirte aus KwaZulu-Natal, schnell zum Alptraum werden: Nachdem Zuma Geschlechtsverkehr mit einer HIV-positiven Frau hatte, erklärte er der Nation, gegen ein mögliches Ansteckungsrisiko habe er sich ausgiebig geduscht. Zudem soll er in einen Korruptionsskandal um deutsche Kriegsschiffe und schwedische Kampfflugzeuge in den 90er Jahren verwickelt gewesen sein. Zwar konnte man ihm bislang nichts nachweisen, doch sein Finanzberater Shabir Sheik wurde dafür zu 15 Jahre Zuchthaus verurteilt.

Zuma ist das Gegenteil von Vorgänger Mbeki

Öffentlich gibt sich Zuma gerne volksnah, tanzt in Leopardenfellen und singt Kriegslieder. Über Simbabwes Tyrannen Robert Mugabe äußerte in er in einem SPIEGEL-Interview nachsichtig: "Die Menschen lieben ihn, wie können wir ihn da verdammen?"

In Südafrikas Elendsgebieten kommen solche Parolen gut an. Dort werden starke, volksnahe Führer geliebt, die es jenen verhassten Weißen zeigen, die die schwarze Bevölkerungsmehrheit jahrzehntelang mit der Apartheid peinigten. In den Townships und bei der verarmten Landbevölkerung war der Charismatiker Zuma immer beliebter als der Technokrat Mbeki. Er gilt als intellektuell und arrogant und machiavellistisch, eingesponnen in einen Kokon obskurer Berater und Speichellecker - und er wollte nicht merken, wie ihm die Massen, die von Südafrikas Wohlstand kaum profitierten, entglitten. "Das war eine Schlacht zwischen der elitären, gebildeten und eleganten Klasse innerhalb des ANC und den Armen in den Wellblechsiedlungen und Fabriken", kommentiert Cyril Madlala von der südafrikanischen Zeitung "UmAfrika".

Nun scheint Zumas Ära gekommen - doch die Frage bleibt, ob es demnächst noch viel zu verteilen gibt zwischen Kapstadt und Durban. Die weiße Intelligenz verlässt in Massen die selbsternannte "Regenbogennation", weil sie nach den herrschenden Gesetzen kaum noch Chancen auf attraktive Arbeitsplätze hat. Funktionierende Wirtschaftunternehmen werden ruiniert, weil große Teile per Dekret an schwarze Südafrikaner überschrieben werden müssen. Die von Enteignungsklagen bedrohten Farmer wiederum versuchen, ihr Land loszuwerden, solange sie noch etwas dafür bekommen.

Zuma ist ein klares Programm für die Zukunft bisher schuldig geblieben. Optimisten hoffen, er werde den bisherigen Wirtschaftskurs wenigstens nicht allzu radikal ändern - Pessimisten befürchten Schlimmes.

An der Londoner Börse herrscht deshalb vornehme Zurückhaltung, wenn es um Investitionen in Südafrika geht: in Engagement gilt als Risikogeschäft. Demnächst wird die Inflation wohl sechs Prozent überschreiten. Zudem eskaliert die Kriminalität. Sich allein auf die hohen Rohstoffpreise und das ausgesprochen sensible Geschäft mit dem Tourismus zu verlassen, erscheint nachgerade fahrlässig. Noch geht es Südafrika verhältnismäßig gut.

Doch das Horrorbeispiel Simbabwe zeigt: Etwas aufzubauen, ist schwierig - alles kaputtzumachen ganz leicht.



Quelle: SPIEGEL online, 19.12.2007

Montag, 10. Dezember 2007

SCHUSTER: Gipfel der gegenseitigen Vorwürfe – EU und Afrika können sich kaum einigen

Zum EU-Afrika-Gipfel erklärt die Afrika-Expertin der FDP-Bundestagsfraktion Marina SCHUSTER:

Menschenrechte standen zwar ganz weit oben auf der Agenda von Kanzlerin Angela Merkel, bei den zentralen wirtschaftspolitischen Fragen ist der Gipfel allerdings gescheitert.

Es ist nur konsequent, dass Merkel die Menschenrechtsverletzungen in Simbabwe beim EU-Afrika-Gipfel am Wochenende deutlich angesprochen hat. Sudan in einem Halbsatz fallen zu lassen und die Verbrechen Omar al-Bashirs zu ignorieren, war dagegen falsch. Al-Bashir hat zweifelsohne mindestens genauso viel Blut an den Händen wie Simbabwes Robert Mugabe.

Die verheerende Lage in Somalia geriet in den Hintergrund.

Menschenrechte bedeuten nicht nur Oppositionsrechte, sondern auch den Schutz vor Vertreibung, Krieg und Willkür. Dass die AU mit den Konflikten auf ihrem Kontinent nicht alleine fertig wird, hat sich leider bewahrheitet. Wenn die EU der AU stärker unter die Arme greifen will, dann gehört dazu auch ein konstanter Dialog. Will Deutschland sich hier engagieren, dann müssen wir endlich einen eigenen Botschafter bei der AU akkreditieren. Andere Länder haben dies schon längst getan. Auch hat das EU-Parlament noch keine Kontaktgruppe für das gesamte Afrika.

Im Bundeswirtschaftsministerium wurde das Afrikareferat aufgelöst. Eine umfassende Afrika-Strategie, die die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands auf dem afrikanischen Kontinent klar benennt, ist nicht in Sicht. Für europäische Verhandlungen sind wir schlecht gerüstet. Auch die EU muss sich stärker koordinieren. Wenn Frankreich Menschrechte propagiert und einen Tag später den libyschen Präsidenten Muammar al-Gaddafi zu Wirtschaftsverhandlungen empfängt, ist das nicht konsequent.

Freitag, 7. Dezember 2007

SCHUSTER: Merkel muss bei Mugabe und für Lage in Somalia Klartext reden

BERLIN. Zum bevorstehenden EU-Afrika-Gipfel erklärt die Afrika-Expertin der FDP-Bundestagsfraktion Marina SCHUSTER:

Kein Zweifel: Die EU und die 53 teilnehmenden afrikanischen Staaten haben sich viel vorgenommen – wohl sogar zu viel. Eine kritische Frage bleibt dabei offen: Wer genau wird denn die genannte Zusammenarbeit finanziell unterstützen und wie will sich Deutschland mit welchen Prioritäten engagieren? Denn eines darf nicht vergessen werden: Der Aktionsplan muss sich an der messbaren Umsetzung und den Erfolgen danach messen lassen.

Merkel muss klar Stellung gegen Mugabe beziehen, aber auch an die Afrikaner appellieren, von ihrem in der Afrikanischen Union (AU) verbrieften Recht Gebrauch zu machen, andere Staaten für ihre menschenrechtsverachtende Politik zu tadeln. Nur dann ist das Motto der Afrikaner glaubwürdig, dass sie sich um eigenständige Lösungen im Sinne der „African Ownership“ bemühen.

Das zeigt auch der AU-Einsatz in Somalia, der dringend auf die Agenda gehört: Die AU Truppe ist hoffnungslos überfordert und bei Weitem nicht voll einsatzfähig. Bereits seit einem Jahr verschlechtert sich täglich die Situation in Somalia dramatisch. Dieser Einsatz zeigt das Grundproblem: Der institutionelle Aufbau der AU, aber auch der African Standby Force schreitet zu langsam voran. Deutschland ist gefragt, die AU grundsätzlich bei der Ausbildung und beim institutionellen wie organisatorischen Aufbau zu unterstützen, und darf die AU nicht in Addis Abeba allein lassen!

Donnerstag, 22. November 2007

SCHUSTER: Mugabe darf Europäer nicht entzweien – Bundesregierung muss klare Kante zeigen

BERLIN. Nach der Äußerung von EU-Ratspräsident Amado, dass er es „gerne sähe“, wenn der Afrika-Gipfel ohne Simbabwes Präsident Robert Mugabe stattfände, erklärt die Afrikaexpertin der FDP-Bundestagsfraktion Marina SCHUSTER:

Mugabe wird schon vor dem EU-Afrika-Gipfel zu einer Belastung. Der Wunsch Amados, Mugabe möge dem Gipfel fern bleiben, ist verständlich. Dennoch, von einer Teilnahme oder Nicht-Teilnahme Mugabes darf der Gipfel nicht gesprengt werden. Denn bereits der letzte Gipfel ist genau an dieser Frage gescheitert. Das darf nicht noch mal passieren.

Europa muss jetzt nach außen Einigkeit beweisen. Vor allem die Bundesregierung muss hier klare außenpolitische Kante zeigen. Ihre Menschenrechtsbemühungen müssen für Afrika in gleichem Maße gelten wie für Russland oder China. Klare Bekenntnisse zu Menschenrechten wären jetzt auch mit Blick auf Afrika angebracht. Der Gipfel muss politisch und inhaltlich erfolgreich werden. Das geht nur mit einer breiten Teilnahme der afrikanischen Länder und einer entsprechenden Agenda. Deshalb sind auch die Afrikaner gefragt. Hier kann die Bundesregierung innerhalb der G8-Präsidentschaft auf die afrikanischen Partner einwirken, dass auch diese sich klar zu Mugabe äußern. Mugabe politisch an den Pranger zu stellen, sollte längst auch Verpflichtung der Afrikaner sein.

Donnerstag, 2. August 2007

SCHUSTER: UNAMID-Mission richtige Entscheidung - Offene Fragen bleiben

Pressemitteilung vom 02.08.2007


BERLIN. Zur Entsendung einer UN-Friedenstruppe für Dafur erklärt die Afrika-Expertin der FDP-Bundestagfraktion Marina SCHUSTER:

Endlich hat sich - im 4. Jahr der Krise - der Sicherheitsrat zu dieser einstimmig verabschiedeten Resolution durchgerungen. Das ist ein positives Signal für die geschundene Bevölkerung in Darfur und die vielen Flüchtlinge. Die Entscheidung, insgesamt 26.000 Soldaten und Polizeikräfte in die Region per Hybridmission zu senden, war überfällig.
Doch dabei darf nicht übersehen werden, dass auch diese Mission - trotz großer Truppenstärke - vor den gleichen logistischen und geographischen Herausforderungen steht wie die AU-Mission bisher. Sie kann nur erfolgreich sein, wenn ein nachhaltiger politischer Friedensprozess gelingt, der von allen Konfliktparteien getragen wird. Überdies ist noch nicht klar, wer die Truppen stellen wird und wann die volle Stärke tatsächlich erreicht wird. Bei allen Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft darf nicht vergessen werden: Die UNAMID-Mission bleibt nur der erste Schritt, um Sicherheit für die Bevölkerung herzustellen. Er ersetzt nicht den politischen Prozess.
Die deutsche Bundesregierung, die ja noch bis Ende des Jahres die G8-Präsidentschaft hat, muss zum einen darauf hinwirken, dass die sudanesische Regierung bei ihrem Wort bleibt, dieses Mandat vertrauensvoll zu implementieren. Zum anderen aber auch, dass die G8-Mitglieder geschlossen hinter der Sicherheitsratentscheidung stehen. Jetzt kommt es auf die Durchführung an, Papiere gab es genug.

Mittwoch, 6. Juni 2007

SCHUSTER: G-8-Gipfel hat für Afrika nur Zahlen im Fokus – Reform

Pressemitteilung vom 6. Juni 2007

BERLIN. Zum heute beginnenden G-8-Gipfel erklärt die Sprecherin für Globalisierung und Afrika-Expertin der FDP-Bundestagsfraktion Marina SCHUSTER:

Wieder einmal werden die monetären Hilfen für Afrika als Verhandlungserfolge verkauft werden. Dabei hat sich in den Jahren seit dem G-8-Treffen im kanadischen Kananaskis zu wenig getan, was die konkrete Umsetzung für die Zivilgesellschaften vor Ort betrifft. Die Zusagen, die im Rahmen des G-8-Gipfels in Heiligendamm gemacht werden, verdecken den Blick auf eine ehrliche Bestandsaufnahme und auf die verpassten Chancen, die über eine Erhöhung der Entwicklungshilfe hinausgehen. Mehr als eine Diskussion über das Erreichen der deutschen ODA-Quote, ist eine ehrliche Bestandsaufnahme der bisherigen Umsetzung unserer Afrikapolitik notwendig. Der Fokus darf bei Afrika nicht auf der alleinigen Fixierung auf Quotenerfüllung liegen, sondern muss neben der Entwicklungshilfe weitere Maßnahmen beinhalten: z. B. die Wirtschaftspartnerschaft mit den reformorientierten Ländern zum gegenseitigem Nutzen oder auch die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Aber auch Hilfen beim Aufbau von Sicherheitsstrukturen und Infrastruktur, ebenso wie ein gezielter Know-how-Transfer und Unterstützung beim Ausbau erneuerbarer Energien, als Teil einer globalen Verantwortung für den Klimaschutz, dürfen nicht zu kurz kommen. Das alleinige Zementieren von Geber-und-Nehmer-Strukturen ist nicht die richtige Antwort.
Die Bundesregierung hat sich für den G-8-Gipfel zu viele Themen vorgenommen und damit viele Erwartungen geweckt.
Um die Chancen der Globalisierung besser ergreifen zu können, ist es notwendig, sich ehrlich einer Reform zuzuwenden. Das heißt konkret, dass Arbeitsweise und Zusammensetzung des Gipfels neu überdacht werden müssen.
Ursprünglich als eine informelle Kaminrunde von Regierungschefs entstanden, hat er sich mittlerweile zu einem weltweiten Medienspektakel entwickelt. Genau das ist aber für die Arbeitsweise nicht förderlich, weil die echte Diskussion über grundlegende Inhalte zu kurz kommt. Dass ganze Kontinente wie Afrika oder Schwellenländern wie Indien nicht dauerhaft berücksichtigt werden, ist keine Struktur, die für die Zukunft dauerhaft geeignet ist. Zwar gibt es einen gewissen Outreachgedanken, doch mit zwei Arbeitssitzungen und Familienfotos erreicht man noch keine Reform als solches. So weckt man höchstens Hoffnungen, die von den Mitgliedsländern selten erfüllt werden können. Es gilt aber die Chancen zu nutzen, die von einer Reform ausgehen, und die weitere Institutionen der Globalisierung betreffen. Frau Merkel tut gut daran, sich diesen anzunehmen.

Montag, 4. Juni 2007

Warum Afrika kein Geld vom Westen braucht


Von Thilo Thielke, Nairobi

Mehr Geld, mehr Entwicklungshilfe für Afrika fordern Popstars und Schauspieler von den G-8-Staaten. Der afrikanische Intellektuelle Lubega widersetzt sich: Durch diesen Blödsinn werde die Krise in den Hungerstaaten nur verschärft.

Henry Lubega arbeitet als Journalist in Ugandas Hauptstadt Kampala. Von den Plänen, die Entwicklungshilfe für Afrika zu erhöhen, hält er wenig - wie eine steigende Zahl afrikanischer Intellektueller. "Afrikas Problem ist doch nicht der Mangel an Geld", sagt Lubega.

Viele afrikanische Länder sind mit Rohstoffen gesegnet, gerade durch den chinesischen Wirtschaftsboom und Hunger nach Rohstoffen sind sie viel eher Profiteure der Globalisierung als deren Opfer. Und deshalb sei es eine "Tragödie", dass ständig versucht werde, die Hilfszahlungen zu erhöhen.

Warum diese gutgemeinte Hilfe schade? "Die Regierungen hier lassen es sich auf eine unverschämte Art und Weise von den westlichen Steuergeldern gutgehen und unternehmen nahezu nichts, die eigene Wirtschaft zu fördern." Ohne die komme Afrika aber nicht auf die Beine.

Es sei ganz einfach: Würde die Finanzhilfe der korrupten afrikanischen Regierungen gestrichen, müssten sich die Führer nach anderen Einkommensquellen umsehen: Steuern. "Erstens würde das die Vetternwirtschaft einschränken, denn Geld müsste dann auch von afrikanischen Wirtschaftsbonzen abgeführt werden, und die zahlen im Moment fast gar nichts. Und zweitens müsste die Regierung die Wirtschaft fördern, denn nur wenn die Wirtschaft brummt, nimmt auch der Staat Geld ein."

Lubegas Theorie klingt simpel und ist einleuchtend. Warum der Westen nicht verstehen will, dass er Afrika langfristig "zu Tode hilft" ist ihm ein Rätsel. Es habe wohl mit Psychologie zu tun, meint er achselzuckend: "Eure Minister und Schlagersänger fühlen sich besser, wenn sie sich auf diese Art produzieren können."

Und Afrika? "Ist ihnen wohl herzlich egal." Es klinge vielleicht paradox - aber manchmal sei eben mehr geholfen, "wenn die Überlebenskräfte des anderen gestärkt würden, als wenn man ihn mit seiner Philanthropie erdrücke".

Lubega steht mit seiner Ansicht nicht allein in Afrika. Dass er in Europa gehört wird, glaubt er hingegen kaum. "Die wahre Arroganz, der wahre Kolonialismus wird nicht von euren Unternehmern, diesen vermeintlichen Ausbeutern, an den Tag gelegt, sondern von euren Philanthropen. Sie sollten tun, worauf sie spezialisiert sind: Popmusik machen oder Parteipolitik. Afrika ginge es ohne ihre ständigen Nachstellungen jedenfalls besser."

Ob er der gewachsenen Aufmerksamkeit für Afrika aber nicht auch etwas Positives abgewinnen könne? Ach, das sei die alte Leier, sagt Lubega. Immer heiße es, man müsse die Menschen zwingen, sich mit Afrika zu beschäftigen. Aber wem sei damit geholfen? Gehe es den Geschundenen Darfurs etwa besser, seit Mia Farrow und George Clooney dort herumschwirrten? Profitiere Uganda von den Besuchen des Kölsch-Rockers Wolfgang Niedecken?

"Es gab hier Musik lange vor euch Europäern." Die deutsche Regierung habe es kürzlich sogar fertig gebracht, der kenianischen viele Millionen Euro zur Korruptionsbekämpfung zu überweisen. Dabei sei die kenianische Regierung erstens eine der korruptesten der Erde. Und zweitens bestehe Korruptionsbekämpfung doch wohl eher darin, ausnahmsweise einmal kein Geld zu nehmen, das man nicht verdient habe, anstatt sich damit die Taschen voll zu stopfen.

Der Tag in Kampala neigt sich dem Ende zu. Aus Deutschland hört man von Krawallen in Rostock. In Uganda wird immer noch der Sieg gegen Berti Vogts' nigerianische Super Eagles gefeiert. Kein guter Tag für Entwicklungshelfer.

Quelle: Spiegel Online 4. Juni 2007

SCHUSTER: Charles Taylors Prozess ist eine Warnung an andere afrikanische Kriegsverbrecher


Pressemitteilung vom 04.06.2007


BERLIN. Zum heute beginnenden Kriegsverbrecherprozess gegen den ehemaligen liberianischen Präsidenten Charles Taylor erklärt die Afrika-Expertin der FDP-Bundestagsfraktion Marina SCHUSTER:

Endlich kommt einer der größten Brandstifter Afrikas vor Gericht. Charles Taylors Prozess ist ein Zeichen für Sierra Leone, Liberia und den Rest des afrikanischen Kontinents. Ein Meilenstein in der internationalen Rechtsprechung – und einer, an dem wir nicht Halt machen dürfen. Denn neben Charles Taylor gibt es noch einige ehemalige und amtierende afrikanische Staatschefs, die sich der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben. Sie können sich nun nicht mehr in Sicherheit wähnen – auch nicht im Exil.

Dass Charles Taylor nicht zum Prozessauftakt erschienen ist, zeigt die Ignoranz solcher Machthaber vor dem Rechtssystem. Taylor darf sich internationaler Rechtsprechung nicht entziehen dürfen. Es muss ein Zeichen von Den Haag ausgehen: Recht und Gesetz sind mächtiger als der einflussreichste Staatschef. Es steht viel auf dem Spiel: Die Würde der Betroffenen, die sich Gerechtigkeit und Versöhnung von diesem Prozess erhoffen, ebenso wie die Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit unseres Rechtssystems. Entscheidend ist in diesem Prozess deshalb, dass Charles Taylor auch wegen der Rekrutierung von Kindersoldaten als Kriegsverbrecher verurteilt wird.

Die Bundesregierung muss Charles Taylors Prozess als Anhaltspunkt nehmen, sich für weitere Anklagen gegen Kriegsverbrecher und Menschenrechtsverletzer auf dem afrikanischen Kontinent international einzusetzen.

Montag, 8. Januar 2007

SCHUSTER: Machtvakuum verhindern: Afrikanische Friedenstruppe für Somalia!

Pressemitteilung vom 08.01.2007

BERLIN. Die Afrika-Expertin der FDP-Fraktion im Auswärtigen Ausschuss, Marina SCHUSTER, erklärt:

Dass sich die internationale Somalia-Kontaktgruppe für die Entsendung einer Friedenstruppe in das vom Krieg erschütterte Land am Horn von Afrika ausgesprochen hat, ist ein wichtiger Schritt, um einen Flächenbrand zu verhindern. Sie folgt damit dem Beschluss der VN vom 06.12.2006. Allerdings ist noch nicht klar, welche Länder – außer Uganda – denn Truppen stellen.
Die IGAD (Inter-Governmental Authority on Development) alleine ist nicht der richtige Ansprechpartner, denn ihre Mitglieder, die Nachbarländer Somalia, verfolgen entweder eigene Interessen oder sind durch die Folgen des Krieges selbst betroffen. Hier muss die Afrikanische Union (AU) die Führung übernehmen.
Unklar ist auch, wer die 8000 Mann starke AU-Truppe finanziell unterstützen wird. Bisher hat nur die USA Millionen finanzielle Unterstützung zugesagt. Die EU-Präsidentschaft ist auch gefordert, darzulegen, inwieweit sie diesen Prozess unterstützen will.
Die Zeit drängt: Die somalische Regierung muss – gerade bei den Sicherheitsstrukturen, beim Funktionieren der Polizei- eine Autorität sein, wenn die äthiopischen Truppen wieder abziehen. Sonst entsteht ein Machtvakuum und es wäre nur eine Frage der Zeit, bis die untergetauchten Islamisten zurückkehren.
Klar ist: Nur mit einer Verhandlungslösung kann eine dauerhafte Lösung des Konfliktes erreicht werden. Ohne eine AU-Friedenstruppe, die die VN bereits am 06.12. beschlossen haben, wird aber keine Sicherheit für die Menschen hergestellt. Europa kann es nicht gleichgültig sein, wenn sich islamistische Extremisten am Horn von Afrika eine neue Aktionsbasis schaffen.

Freitag, 29. Dezember 2006

SCHUSTER: Flächenbrand in Somalia muss verhindert werden!

Pressemitteilung vom 29.12.2006

BERLIN. Die Afrika-Expertin der FDP-Fraktion, Marina SCHUSTER, die selbst erst kürzlich von einer Reise nach Addis Abeba (Äthiopien) zurückgekehrt ist, erklärt zum Stellvertreterkrieg in Somalia:

Es handelt sich nur auf den ersten Blick um die Konfliktlinie zwischen der Übergangsregierung (TFG = Transitional Federal Government), die militärisch massiv von Äthiopien unterstützt wird, und der "Union der Islamischen Gerichte" (UIC). Dringend erforderlich ist ein regionaler Ansatz, der auch klar die Interessen von Eritrea, das die islamischen Kräfte mit Waffen und Kämpfern unterstützt, und anderen Staaten in der Region benennt. Denn auch Libyen und Staaten im Nahen Osten - Syrien, Saudi-Arabien und Iran - stützen laut UN die UIC. Äthiopien wiederum wird von den USA stark unterstützt. Der Stellvertreterkrieg droht längst auch auf andere Länder überzugreifen: so ist die 800km lange Grenze zu Kenia jetzt schon kaum kontrollierbar, die Flüchtlingslager an der Grenze schwellen an.

Bereits am 06.12.06 haben die UN in der Resolution 1725 den Einsatz von AU-IGAD-Truppen beschlossen. Doch die Resolution wirft Fragen auf: Welches afrikanische Land wird und will Truppen senden? Entscheidend für den Erfolg der Mission ist gerade, dass Somalias Nachbarländer oder betroffene Länder nicht beteiligt sind. Nur gehören der beauftragten IGAD (Intergovernmental Authority on Development) Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Kenia, Sudan, Uganda und Somalia selbst an. Es ist somit ratsam, dass die AU und nicht die IGAD hier die Führung übernimmt.

Erster Schritt muss sein, dass alle "Stellvertretertruppen" aus Somaila abziehen, allen voran Eritrea und Äthiopien. Premierminister Meles Zenawi

(Äthiopien) hat mir bei meinem Gespräch versichert, dass die äthiopischen Truppen aus Somalia abziehen, wenn das sog. IGASOM-Mandat wirksam wird.

Klar ist: Nur mit einer Verhandlungslösung kann eine dauerhafte Lösung des Konfliktes erreicht werden. Dass das Waffenembargo für die TFG in der aktuellen Resolution gelockert wurde, übersieht die Tatsache, dass längst unterschiedlichste Waffen vor Ort sind - denn das Waffenembargo wurde nie eingehalten.

Die Bundesregierung wird Afrika, vor allem das Horn von Afrika, aber auch Sudan und die drohende komplette Destabilisierung dieser riesigen und wichtigen Region bei der doppelten Präsidentschaft stark beschäftigen. Nichts ist dringlicher als Afrika endlich konzertiert und differenziert auf die Agenda zu setzen, wie es die Bundesregierung bisher versäumt hat. Sicherheit und Stabilität am ganzen Horn von Afrika stehen auf dem Spiel.