
WELT ONLINE: Herr von Beust, wenn Sie sehen, wie schon der Vorwahlkampf in den USA die Menschen begeistert, werden Sie da manchmal neidisch?
WELT ONLINE: In den USA haben wir in der Regel die erste Debatte, bei uns die zweite.Von Beust: Das stimmt, aber unser, der konservative Ansatz muss der erste sein. Wir dürfen uns nicht verzetteln in Diskussionen über Abstiegsängste. Wir dürfen nicht versuchen, die SPD bei den Sozialprogrammen zu überbieten. Unser Credo muss sein: Deutschland hat die Chance, Nummer eins in Europa zu sein, mit guter Politik und dem Fleiß der Menschen. Wir müssen die Partei der Chancen, der Hoffnung sein und dürfen nicht ausschließlich auf die Bekämpfung der Angst setzen.
WELT ONLINE: Die Union verspricht aber schon mal das nächste Geschenk, auch um Abstiegsängste zu bekämpfen, das Kindergeld soll erhöht werden.Von Beust: So einfach stimmt das nicht. Von einer Erhöhung des Kindergeldes profitieren Familien und damit sehr viel mehr Menschen als bei anderen Formen der Unterstützung. Der Aufschwung muss bei dieser Mehrheit der Menschen ankommen.
WELT ONLINE: Ob sich damit Ihre absolute Mehrheit retten lässt? So wie es derzeit aussieht, brauchen Sie einen Koalitionspartner. Selbst mit einer wiedererstarkten FDP wird es schwierig.Von Beust: Bei der Bundestagswahl hatte die FDP in Hamburg neun Prozent der Stimmen. Es gibt hier eine starke bürgerliche, liberale Klientel. Entscheiden werden aber die Wählerinnen und Wähler am 24. Februar, das müssen wir abwarten. Ich will klare Verhältnisse.
WELT ONLINE: Dann hätten Sie uns die ganze Diskussion über Schwarz-Grün in Hamburg ja ersparen können.
WELT ONLINE: Das Ergebnis der Wahl wird sie spätestens zum Handeln zwingen. Eine Woche vor der Wahl haben in den Umfragen weder Union und FDP noch Rot-Grün die Mehrheit.
WELT ONLINE: All die Koalitionsüberlegungen rühren ja auch daher, weil die Linke nun im Westen angekommen ist und die klassischen Bündnisse nicht mehr automatisch regieren können. In Hamburg könnte die Linkspartei auf sieben, acht Prozent kommen. Woher rührt der Erfolg der Linken?
WELT ONLINE: Was könnte die CDU denn tun? Die Kernforderungen der Linken sind auch bei CDU-Wählern populär, etwa die nach einem Mindestlohn.
WELT ONLINE: Warum deckt die CDU diesen emotionalen Teil nicht ab?
WELT ONLINE: Wenn dieses Personal heute fehlt, wie kann die CDU dann die Linke bekämpfen?Von Beust: Ich sehe es nicht so, dass das Personal in der Union fehlt. In der Auseinandersetzung mit der Linken ist es der falsche Weg, sie zu dämonisieren. Wenn „die da oben“ sagen, „die dürft ihr nicht wählen“, dann gehen Protestwähler erst recht zu den Linken. Ich versuche, in Hamburg ein Gemeinschaftsgefühl herzustellen. Und Hamburg ist eine solidarische Stadt. Nehmen sie beispielsweise die zahlreichen Mäzene, die Verantwortung übernehmen. Ein weiteres Beispiel: Die HafenCity – und darauf weise ich immer wieder hin – ist für alle da, nicht nur für die oberen Zehntausend. Aus diesem Hamburggefühl heraus will ich Geborgenheit vermitteln.
WELT ONLINE: Eine soziale Spaltung ist in Hamburg, auch in Deutschland, deutlich festzustellen. Es gibt mehr Familien in Armut und auch in Hamburg eine Menge Problemstadtteile.
WELT ONLINE: Der türkische Ministerpräsident Erdogan sagte „Assimilation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Sie haben mit 16 anderen CDU-Politikern einen Aufruf unterschrieben, dass Ausländerpolitik nicht Wahlkampfthema sein sollte. Wie finden Sie Erdogans Äußerung?
Quelle: welt.de 16.2.2008